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Wie nachhaltig ist Karton? Alternative Karton aus Gras

Das Problem mit Einwegpappe

Das Problem mit Einwegpappe

Die Nachhaltigkeit von Papier und Pappe wird deutlich überschätzt. Auch Recycling kann die ökologischen und gesundheitlichen Probleme nicht ausgleichen, die durch die steigende Nachfrage in der Verpackungsindustrie entstehen. Es kommt darauf an, weniger Papier zu verbrauchen und nachwachsende Rohstoffe wie Gras besser zu nutzen.

 

Wenn Wälder sterben

Der Mensch hat bereits die Hälfte aller ursprünglichen Waldflächen der Erde zerstört. Und er hört nicht auf: Etwa 13 Millionen Hektar Wald verschwinden jährlich durch Abholzung ‒ das entspricht der dreifachen Fläche der Schweiz. [1] Beziehungsweise: pro Minute verschwinden etwa 35 Fußballfeldern. Vier Millionen Hektar davon sind Urwälder. Jahrhunderte alte Bäume werden für die Papierproduktion gefällt. Die Abholzung setzt mittlerweile dreimal mehr CO2 frei, als die verbliebenen tropischen Wälder aufnehmen können. Durch den Klimawandel begünstigt, vernichten immer extremere Waldbrände Jahr für Jahr ganze Landstriche.

Wälder sind komplexe Ökosysteme, die über sehr lange Zeiträume entstehen. Sie stabilisieren das Klima, indem sie CO2 binden und Sauerstoff freisetzen. Dabei filtern sie Schadstoffe aus der Luft und regulieren den Wasserhaushalt. Zwei Drittel aller Tier- und Pflanzenarten leben in Wäldern oder an Waldrändern. Wälder bilden die Lebensgrundlage für 1,6 Milliarden Menschen. Weltweit kämpfen Indigene und Aktivist:innen für ihren Erhalt. Denn ist ein Urwald einmal gefällt, weicht er der Forst- oder Landwirtschaft. Und diese ersetzten kein jahrhundertealtes Ökosystem.

Laut World Wildlife Fund (WWF) stammt das frische Holz für die Papierprodukte aus den Wäldern der ganzen Welt. Fast jeder zweite industriell gefällte Baum wird zu Papier verarbeitet. Dem Produkt im Laden ist es nicht anzusehen, ob und wie viel vom Papier aus illegalem Holzeinschlag und Raubbau stammt. Nach WWF-Recherchen gelangten allein 2006 rund 2,6 Millionen Kubikmetern Papier und zusätzliche 1,3 Millionen Kubikmeter Zellstoff aus potenziell illegalen Quellen in den europäischen Binnenmarkt. [1]

Grafik über Zellstoffimporte für Papierproduktion in Deutschland

Papierherstellung

Ein Treiber für die Abholzung ist nach wie vor die Papierherstellung. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) geht davon aus, dass für die deutsche Papierindustrie jährlich rund 22 Millionen Bäume gefällt werden. [2] Die gerodete Gesamtfläche von etwa 100.000 Hektar entspricht etwa der Größe Rügens. Das meiste Holz stammt aus Ländern wie Brasilien oder Kanada. Das schwere Holz wird über extrem lange Transport- und Seewege nach Deutschland gebracht.

Derweil nimmt der Papier- und Kartonverbrauch zu. In Deutschland ist er in den zurückliegenden 20 Jahren um 12,5 Prozent gestiegen. Und das trotz Digitalisierung und dem damit einhergehenden Rückgang an Printmedien. Wenig überraschend ist, dass für den Trend die Zunahme an Pappverpackungen verantwortlich ist. Zwei Drittel davon bekommen die Verbraucher:innen gar nicht zu Gesicht. Denn auch Transportverpackungen von zum Beispiel Lebensmitteln bestehen aus Papier, Pappe und Karton. Das bedeutet, ein Großteil des Papiers wird nur kurzzeitig verwendet, weggeworfen und muss dann wieder recycelt werden. Eine enorme Verschwendung an Ressourcen.

Wie nachhaltig ist Papier?

Pappmüll im Lebensmittelhandel

Pro Kopf wird in Deutschland täglich eine Papiermenge entsprechend eines 600-seitigen Taschenbuchs verbraucht. Wenn China denselben Bedarf hätte, würde es fast die gesamte Weltproduktion an Papier benötigen.

Außerdem: Laut dem Europäischen Verband der Wellpappenindustrie (FEFCO) verbraucht die Herstellung von Wellpappe durchschnittlich etwa 4,5 Megajoule Energie pro Kilogramm. Der Energiebedarf ist damit etwa genauso hoch, wie bei der Herstellung von Kunststoff oder Glas. Der Wasserverbrauch beträgt bis zu 6.000 Liter Wasser pro Tonne Karton. Das liegt daran, dass Karton aus mehreren Schichten Papier besteht, die miteinander verklebt werden, um die erforderliche Stärke und Festigkeit zu erreichen. Dies erfordert mehr Wasser im Produktionsprozess im Vergleich zur Herstellung von Papier, das normalerweise nur aus einer Schicht besteht.

Auch Recyclingpapier frisst Wälder

Aber wie lassen sich solche dramatischen Zahlen mit den deutschen Erfolgsmeldungen von der Altpapieraufbereitung in Einklang bringen? Ganz einfach: Es werden zwar große Mengen recycelt, aber dabei kommt es zu einem Schwund, der mit frischem Holz ersetzt werden muss. Anderes als viele denken, können Papier und Pappe nicht endlos recycelt werden. Die Primärfaser, also das Basismaterial Frischholz, kann für die Papp- und Kartonherstellung nur zwischen vier und sechs Mal wiederverwertet werden, dann sind die Fasern zu stark beschädigt.

2020 stellte die deutsche Papierindustrie rund 21,5 Millionen Tonnen Papier, Pappe und Kartonage her, davon etwa 17 Millionen Tonnen aus Altpapier. Die Recyclingquote liegt damit mittlerweile bei 79 Prozent. Dem Bundesumweltamt zufolge, lässt sich der Anteil kaum noch erhöhen. [3] „Der Grund ist, dass bei der Aufbereitung von Altpapier Sortierreste und alle Verunreinigungen, welche die Qualität des Neupapiers beeinträchtigen, abgeschieden werden. Dabei gehen auch in geringem Umfang Papierfasern verloren.“ Zudem können Dinge wie benutztes Toilettenpapier oder schadstoffbelastete Kassenbons nicht erneut recycelt werden. Der Anteil von 20 Prozent muss durch neue Primärfasern ersetzt werden.

Deutschland importiert jedes Jahr eine beträchtliche Menge an Altpapier, da es nicht genug aus der eigenen Produktion zur Verfügung hat, um den Bedarf zu decken. Laut den Zahlen des Statistischen Bundesamtes waren es 2020 insgesamt 4,8 Millionen Tonnen. Wie viel Feinstaub und CO2 dabei freigesetzt wird, steht in keiner Statistik.

Papier ist kein Naturprodukt

Recyclingkarton genießt hierzulande einen ausgezeichneten ökologischen Ruf. Das geht sogar soweit, dass sich einige Umweltfreunde Verwendungsmöglichkeiten für den Verpackungsmüll der letzten Onlinebestellung ausdenken. Unter Gärtnern hat sich der Tipp verbreitet, mit Unkraut zugewucherte Beete einfach mit Pappe zu überdecken und eine Schicht frische Erde drüber zu streuen. Das erspart die Unkrautbekämpfung und bodenschädliches Umgraben. Ist doch ein guter Beitrag zum Umweltschutz, oder? Leider nicht. Denn Altpapier enthält verschiedene giftige Weichmacher und Mineralöle, die mit der beschriebenen Methode in die Umwelt gelangen und ausgerechnet mit dem liebevoll gezogenen Gartengemüse in Kontakt kommen. Also liebe Leute: Nicht machen!

Pappe gefährdet zudem wie Plastik die menschliche Gesundheit: Das Amt für Risikobewertung warnt seit Jahren vor Gesundheitsgefahren durch den Kontakt von Lebensmitteln und Altpapier, „da für die Herstellung unter anderem bedrucktes Altpapier verwendet wird, das Mineralölbestandteile aus Zeitungsdruckfarben enthalten kann.“ Weiter heißt es: „Der Übergang dieser Substanzen wurde bisher insbesondere bei trockenen Lebensmitteln mit großer Oberfläche, beispielsweise Reis oder Gries, nachgewiesen“. Die Weichmacher stammen überwiegend von Dispersionsklebern, die benötigt werden, um den Zellulosebrei wieder zu festem Papier zu binden.

Wenn Altkarton als Rohstoff eingesetzt wird, heißt das noch lange nicht, dass die Verarbeitung umweltfreundlich abläuft. Auch Recyclingpapier wird mit Chlor gebleicht. Gefährliche Chemikalien wie Schwefelsäure und Wasserstoffperoxid kommen bei der Herstellung zum Einsatz. Der NABU kommt sogar zu der Einschätzung, dass Papier kein Naturprodukt ist, da im gesamten Produktionsprozess Chemikalien verwendet werden. [4]

Zwar sieht die Bilanz des Altpapiers im Vergleich zu Papier aus frischem Holz besser aus, insbesondere beim Feinstaubausstoß sowie den Energie- und Wasserverbräuchen, aber der gesamte Kreislauf von Papier und Pappe ist umweltbelastend. Zudem wird die Optimierung der Prozesse in den vergangenen Jahren durch den steigenden Bedarf zunichte gemacht. Darum ist es dringend erforderlich, dass wir den Papierverbrauch drastisch senken, um Umwelt und Klima zu schonen. Recycling an sich ist keine Lösung. Die Abholzung von Urwäldern ist direkt mit dem hiesigen Papierverbrauch verbunden.

Orang-Utan in Wald, der für Pappe abgeholzt wird

Graspapier entlastet die Umwelt

Natürlich ist es grundsätzlich besser, Papier zu recyceln, als noch mehr Wälder zu schreddern. Und es gibt weiteres Verbesserungspotenzial. Zum Beispiel würde ein Verbot von auf Mineralöl basierenden Farbstoffen die Umweltbilanz des Papierrecyclings deutlich verbessern.

Doch Karton lässt sich bereits heute noch nachhaltiger herstellen, nämlich mithilfe von Gras. Der nachwachsende Rohstoff wird gemäht und maschinell zu Pellets gepresst, um eine hohe Dichte zu erzeugen. Anders als bei hartem Holz, braucht es keine Chemikalien, um den natürlichen Klebstoff Lignin aus dem Material zu lösen. Denn im Gras ist davon wesentlich weniger enthalten.

Zellulose aus Gras spart im Vergleich zu solcher aus Holz 97 Prozent Energie und damit 75 Prozent CO2 ein. Außerdem werden für eine Tonne Zellstoffrohmasse nur zwei Liter verbraucht. Anstelle von 6000 Liter (Holz) und 900 Liter (Altpapier). Laut Hersteller Creapaper können derzeit Kartonagen und Papiere mit einem Grasanteil von bis zu 50 Prozent hergestellt werden. Ab 30 Prozent wird ein Material als Graspapier bezeichnet. Dieses wird nach der Verwendung mit dem ganz normalen Altpapier recycelt. Bei der Herstellung von Graspapier wiederum kann Altpapier beigefügt werden. So erhöht sich nach und nach der Grasanteil im Papierkreislauf.

Für die Biodiversität ist Graspapier allemal gut. Denn je länger die Grashalme, desto besser lassen sie sich verarbeiten. Die Wiesen werden deswegen meist nur einmal jährlich gemäht. Die Gräser können blühen und Insekten ernähren, ein natürliches Maß an Beikräutern ist kein Problem und am Boden brütende Vögel finden dort Rückzugsmöglichkeiten. Gras wächst nach und muss nicht neu ausgesät werden. Der Boden kommt zur Ruhe, da das Pflügen entfällt.

Bei Unverpackt für alle vermeiden wir unnötige Verpackungen, ob aus Plastik oder Altpapier. In unserem Onlinehandel verwenden wir ausschließlich Grasfaserkarton mit 50 Prozent Grasanteil. Auch diesbezüglich arbeiten wir bereits an einer Mehrweglösung. Leider ist unser System derzeit noch nicht marktreif. Wir müssen den Spagat zwischen Belastbarkeit, Gewicht und Volumen der Mehrwegversandlösung finden. Kein Glas soll beim Transport kaputt gehen. Die Rückgabe der Boxen darf nicht umständlich sein und zuhause sollen sie nicht den Weg versperren. Wir haben es mit aufblasbaren Modulen versucht, ähnlich wie eine Luftmatratze mit vielen Löchern für die Gläser. Leider zeigte sich, dass solche Module nicht belastbar genug sind. Wir halten euch über den Entwicklungsstand auf dem Laufenden.

 

Fazit

Unser Konsum zerstört wichtige Lebensräume die eine entscheidende Rolle für unser globales Ökosystem übernehmen. In Zeiten des Klimawandels sind diese wichtiger denn je. Wir brauchen umgehend ein Umdenken. Nicht alles ist umweltschonend nur weil es sich schön natürlich anfässt. Deswegen sind Mehrwegsysteme auch beim Ersetzten von Einwegpappe ein großer Mehrwert für unsere Umwelt. Ein Mehrweg-Einkauf bei Unverpackt für alle spart nicht nur Plastik, sondern auch dreimal so viel Pappe! Wir haben Kisten im Einsatz die über 30 Jahre alt sind. Das sind wahre Mehrweg-Helden.

 

[Quellen]

[1] Unsere Wälder – Schutz für die grünen Paradiese, WWF

[2] Papierverbrauch in Deutschland, NABU

[3] Vom Papier zum Altpapier, Umweltbundesamt

[4] Papier ist kein Naturprodukt, NABU

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