Faktencheck: Co2- oder Ökobilanz?
Was ist der Unterschied zwischen CO2- und Ökobilanz?
Ist das nachhaltig? Diese Frage wird oft versucht mit der CO2 Emission zu beantworten. Aber reicht das? Auch das Mehrwegglas wird häufig misstrauisch beäugt, wenn es um seine CO2 Bilanz geht. Deshalb fragen wir uns erstmal, was sagt diese Bilanz eigentlich genau aus? Die CO2 Bilanz ist der Gesamtbetrag der Kohlenstoffdioxid Emissionen, der direkt bzw. indirekt durch Aktivitäten, Produkte oder Personen entsteht. Andere Namen für die CO2 Bilanz sind Carbon Footprint, Treibhausgasbilanz, Kohlendioxidbilanz oder Kohlenstoffdioxidbilanz[1]. Interessanterweise entstand die Bekanntheit des CO2 Fußabdrucks ausgerechnet durch eine Marketingkampagne des Öl- und Gaskonzerns BP in 2004[2]. Intention war, den individuellen CO2 Fußbadruck zu messen den Verbraucher:innen durch ihren Konsum hinterlassen.
Per Definition soll die CO2 Bilanz eines Produkts alle Stadien von Herstellung, Gewinnung und Transport aller Rohstoffe, der Produktion und Logistik, Nutzung und „Nachnutzung“ bis Recycling bzw. Entsorgung messen und dadurch dem Verbraucher einer Orientierung geben, was nachhaltiger ist. Kritisiert wird an der CO2 Bilanz doch häufig genau das.
Ist wenig CO2 gleich nachhaltig?
Denn wie ganzheitlich ist die Messung wirklich? Dadurch, dass es keine genauen Vorgaben und Formeln zur Messung gibt, weichen verschiedene Kalkulationen häufig stark voneinander ab. Die Berechnung ist komplex und alle Parameter eng miteinander verflochten. Es ist nicht möglich, die Komplexität von Umwelteinflüssen auf CO2 Emissionen herunterzubrechen und anhand dieses einen Parameters auch noch zu versuchen, ganze Bereiche bzw. Produkte generalisierend zu behandeln. Die meisten kennen diese Fragen: Fleisch essen oder nicht – den regionalen, konventionell angebauten Apfel oder den mit Bio Siegel aus Neuseeland. Was ist jetzt richtig? Auf Fragen wie diese soll die CO2 Bilanz eine Antwort zu geben.
Verwirrung für die Verbraucher:innen
Genau das bemängeln das Öko-Institut, das Bundesministerium für Umwelt und das Umweltbundesamt in ihrer Kritik zur CO2 Bilanz im 2009 veröffentlichten Memorandum Product Carbon Footprint (PCF). Ein gutes Beispiel für die Unvollständigkeit und Intransparenz des CO2 Fußabdrucks ist die gesetzliche Angabe der CO2 Emissionen pro km bei PKWs: Hier bleiben andere schädliche Treibhausgase unberücksichtigt, genau wie die CO2 Emissionen die zur Bereitstellung von Benzin oder Diesel benötigt werden. Oder um beim Apfel und somit bei Lebensmitteln zu bleiben: Jede Apfelsorte im Supermarkt unterscheidet sich stark in ihrer Umweltauswirkung durch die Art und Weise des Anbaus, der Lagerung, Kühlung und der Transportwege. Luftschadstoffemissionen, Bodenfruchtbarkeit bzw. -gesundheit, Ressourcen/Energiebedarf oder Eutrophierung werden in der CO2 Bilanz außer Acht gelassen[3].
Das Fazit des PCF lautet deshalb „Die unvollständige und unsystematische Veröffentlichung von CO2e-Werten ohne Vergleichsmaßstäbe und ohne Bezug auf andere Umweltaspekte von Lebensmitteln trägt NICHT zur Verbraucherorientierung, sondern zur Verwirrung von Verbrauchern bei.“ (S. 33 Memorandum PCF)
Die Alternative? Eine Ökobilanz
Deshalb gibt es die Ökobilanz – auch Lebenszyklusanalyse genannt! Sie dient der systematischen Erfassung des gesamten Lebenszyklus eines Produktes oder einer Dienstleistung und analysiert dessen Auswirkung auf die Umwelt sehr genau und bezieht sich vermehrt auf Produkte.[4]
In dieser werden genau die Aspekte, die bei der CO2 Bilanz außen vor bleiben, mit einberechnet: Wie ein Produkt produziert, wie lange es benutzt und wie es entsorgt wird. Genauso wie die Berücksichtigung aller Auswirkungen der vorangehenden und folgenden Prozesse wie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, alle Emissionen in die Umwelt (z. B Abfall) und sämtliche Entnahmen aus der Umwelt wie Erdöl, Harze usw.
Unser Fazit? Die Ökobilanz umfasst definitiv ein größeres Spektrum an Umweltauswirkungen, als die CO2 Bilanz. Sie kann so einen transparenteren Einblick in die Nachhaltigkeit von Produkten geben. Und trotzdem, finden wir, ist sie nicht vollständig: Denn nicht „nur“ die Umwelt gehört dazu, wenn über Nachhaltigkeit gesprochen wird. Langfristig nachhaltig ist, was Natur und Mensch erhält. Direkte oder indirekte gesundheitliche Auswirkungen messen weder CO2- noch Ökobilanzen.
[1] https://www.goclimate.de/glossar/co2-fussabdruck/
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/CO2-Bilanz
[3] https://www.myclimate.org/de/aktiv-werden/firmenkunden/product-carbon-footprint-pcf-und-oekobilanzen-lca/
Louisa
Danke für die Recherche! "Langfristig nachhaltig ist, was Natur und Mensch erhält." Ganz genau :) Ihr werdet mir immer sympathischer